Wir respektieren
deine Privatsphäre!

Cookie-Einstellungen

Indem du auf „Einverstanden” klickst, stimmst du der Verwendung von Cookies und anderen Technologien (von uns sowie anderen vertrauenswürdigen Partnern) zu. Wir verwenden diese für anonyme Statistikzwecke, Komforteinstellungen und zur Anzeige von personalisierten Inhalten und Anzeigen. Dies dient dazu dir ein verbessertes Website-Erlebnis bieten zu können. Mehr darüber findest du in unseren Datenschutzbestimmungen | Impressum

  • Diese Cookies sind für den Betrieb der Seite unbedingt notwendig und ermöglichen beispielsweise sicherheitsrelevante Funktionalitäten. Außerdem werden mit dieser Art von Cookies z.B. Ihre getroffenen Einstellungen zu Cookies gespeichert.

  • Um unser Angebot und unsere Webseite weiter zu verbessern, erfassen wir anonymisierte Daten für Statistiken und Analysen. Mithilfe dieser Cookies können wir beispielsweise die Besucherzahlen und den Effekt bestimmter Seiten unseres Web-Auftritts ermitteln und unsere Inhalte optimieren.

  • Wir nutzen diese Cookies, um dir die Bedienung der Seite zu erleichtern. So kannst du beispielsweise auf Basis einer vorherigen Unterkunftssuche bei einem erneuten Besuch unserer Webseite komfortabel auf diese zurückgreifen.

  • Diese Cookies werden genutzt, um dir personalisierte Inhalte, passend zu deinen Interessen anzuzeigen. Somit können wir dir Angebote präsentieren, die für dich und deine geplante Reise besonders relevant sind.

Gipfel der Gefühle

Hausberge prägen das Panorama von Dörfern und Städten. Einheimische zelebrieren profane und religiöse Feste auf ihnen, nutzen sie für die Alm- und Landwirtschaft, den Sport und die Freizeit. Unser Autor und Fotograf stellt seine persönlichen Ötztaler Hausberge vor. Sie sind ihm weitaus mehr als Arbeitsplätze: Orte des Begegnens und des Erinnerns, des Träumens und tiefer (Heimat-)Gefühle.

Längenfeld Gamskogel

Der gestutzte Berg

Über dem Talkessel von Längenfeld liegen herbstliche Nebelschwaden. Die Ötztaler Ache fließt still talauswärts. Wie schon so oft halte ich kurz an, um die weiten Wiesen und die hohen Berge darüber auf mich wirken zu lassen. Hier, an dieser markanten Flussschleife der Ötztaler Ache, sieht man zum ersten Mal den „nur noch“ 2.813 m hohen Gamskogel.

 

Vor mehr als 5000 Jahren soll ein Asteroid den damals stolzen Dreitausender auf seine heutige Höhe „gestutzt“ haben - das behaupten zumindest die britischen Forscher Mark Hempsell und Alan Bond. Groß und mächtig aber überragt der Gamskogel noch heute das Tal.

Längenfeld Gamskogel
Längenfeld Gamskogel

Zauberberg der Kindheit

Schon als Kinder waren wir an seinen steilen Hängen unterwegs um, wie die Ötztaler sagen, „Grant’n zu klaub’n“ (Preiselbeeren) und um „Schwämme“ (Pilze, zumeist Pfifferlinge) zu suchen. Wie oft werde ich wohl auf seinem Gipfel gestanden haben? Mal mit meinem guten Freund und Berggefährten Andi aus Längenfeld, oftmals aber auch allein. Fast immer mit Kamera, aber immer auch für mich, für meine Seele und mein Herz.

 

Wildes Toben am Dorfbrunnen

Wenn ich vom Gipfel des Gamskogels tief hinunter ins Ötztal blicke, sehe ich auch die kleine Pension „Elsa“ schräg gegenüber der Kirche. Dort begann vor 50 Jahren mein Leben im Ötztal. Wir Kinder tobten und spielten im ganzen Dorf. Am Brunnen beim Gasthof Hirschen, um unschuldige Passanten zu bespritzen und an der reißenden Ache, auf Brand und an der geheimnisvollen Pestkapelle. Und irgendwie war damals schon klar, dass ein paar dieser unerreichbar hohen und wilden Gipfel später mal zu meinen Hausbergen werden würden. Die meisten Menschen verbinden mit Hausbergen vor allem schöne Erinnerungen und damit oft tiefe Gefühle. Auch ich besteige „meine“ Hausberge immer und immer wieder, was zur Folge hat, dass ich irgendwann jeden Weg und jeden Meter des Anstiegs kenne.

Gamskogel Längenfeld

Großes Kino

Am Gipfel ist mir natürlich auch das Panorama zutiefst vertraut, ich kenne die umliegenden Berge mit Namen und verbinde oft auch mit diesen wieder Erinnerungen, die mein Leben mitgeprägt haben. Aber es ist nicht nur die Ortskenntnis, durch die ich mich an den Hausbergen fast wie zuhause fühle.


Es sind auch die Menschen, die einen ganz wesentlichen Teil dazu beitragen. Mal ist es ein guter Freund wie der Andi, dann wieder sind es Wirtsleute wie Victoria und Martin vom Brunnenkogelhaus, mit denen über die Jahre hinweg eine enge Verbindung entstanden ist.
 

Es gibt jedoch auch Tage, da brauche und genieße ich die Einsamkeit auf meinen Hausbergen. Ihre Stille erdet und beflügelt mich zugleich. Ich werde ruhiger und klarer, kann Zusammenhänge und Probleme freier und objektiver betrachten. Die meisten elementaren Entscheidungen meines Lebens habe ich an und auf meinen Hausbergen getroffen.

Magisches Dunkel

September 2021. Die Dunkelheit einer mondlosen Nacht liegt über dem Ötztal. Wie besprochen klopft Martin Gstrein, Wirt der Brunnenkogelhütte, ans Fenster. Neugierig verlasse ich den Gastraum und gehe in Socken hinaus, über die kalten Felsen zur Terrasse, wo Martin schemenhaft hinter seinem Stativ steht. Es dauert ein paar Minuten, bis sich meine Augen an die Finsternis gewöhnt haben.


Ganz vorsichtig nähere ich mich Martins Teleskop, jede Erschütterung könnte den winzigen Bildausschnitt verändern. Durch das Okular erkenne ich den Saturn und seine farbigen Ringe. Ehrfurchtsvoll blicke ich in eine andere, eine trotz Dunkelheit strahlende Welt.

Brunnenkogelhaus Sölden

Das perfekte Ensemble

Am nächsten Morgen sitze ich schon vor dem ersten Dämmerlicht an „meinem“ Steinmann. Groß, wuchtig und weithin sichtbar steht er auf einer Kuppe des über sechs km langen Grates, der vom Brunnenkogel nach Südosten bis zum Timmelsjoch zieht. Das zarte Licht erweckt die ebenmäßigen Gneisblöcke zum Leben.


Eingemummt in meine warme Daunenjacke genieße ich den klaren Morgen. Nur wenige hundert Meter nordwestlich steht das Brunnenkogelhaus in exponierter Lage. Kurz vor Sonnenaufgang tritt Martin auf die Terrasse und schaut zu mir herüber.

 

Der perfekte Platz

Er und seine Frau Victoria leben schon seit 15 Jahren jeden Sommer für mehrere Monate als Wirtsleute der Brunnenkogelhütte auf 2.738 m, hoch über Sölden, wo sie eine kleine Landwirtschaft und ein Appartementhaus betreiben. Fernab vom Trubel im Tal, verwöhnt von grandioser Landschaft und einmaligen Lichtstimmungen sind wir am gemeinsamen Hausberg über Jahre zusammengewachsen.


Schlagartig und kraftvoll steigt hier am Steinmann das vertraute Gefühl in mir auf, das nur Hausberge und ihre Hütten geben können mit der unvergleichlichen Mischung aus Freundschaft, Geborgenheit, Heimat, Erinnerungen und leidenschaftlich gelebter Gegenwart.

Sölden Wandern Brunnenkogel
Sölden Wandern Brunnenkogel

Vom Gestern ins Heute

Wenig später sitze ich auf der Hüttenterrasse. Mein Blick wandert über das Venter Tal. Weit hinten entdecke ich das Wilde Mannle, eindrucksvoll überragt von der Weißkugel und der Wildspitze. In den letzten Wochen stand ich gleich zweimal hintereinander auf diesem kleinen, aber aussichtsreichen Dreitausender.


Mitte August führte ich meinen dreizehnjährigen Neffen Finn dort hinauf. Von der Bergstation „Wildes Mannle“ führte uns ein kleiner Steig durch die Wiesenhänge zu den ersten Felsen. Gut markiert schlängelte sich der Weg dann durch steile Schrofenhänge. Erst auf den letzten Metern flachte der Hang ab, und ein von Steinplatten übersätes Gipfelplateau führte uns zum großen Gipfelkreuz.


Als ich nach dem obligatorischen „Berg Heil“ Finns leuchtenden Augen sah, fühlte ich mich zurückversetzt in den fernen September 1977. Damals stand ich selbst, gleichaltrig, zum ersten Mal dort oben.

Willkommen und Abschied

Nostalgische Träume begleiten denn auch den Abstieg vom Wilden Mannle. Plötzlich fällt mir ein und auf, dass es tatsächlich nur vier Berge sind, auf die ich im Ötztal so regelmäßig steige, dass ich sie als meine wahren Hausberge betrachte. Es sind der Wildgrat hoch über der Erlanger Hütte und dem einmalig schönen Wettersee, der Gamskogel über Längenfeld, dann der stille Brunnenkogel über dem quirligen Sölden und eben das kleine, aber feine Wilde Mannle über dem Bergsteigerdorf Vent.


Im Sessellift schaukeln mein Neffe und ich hinunter ins Dorf. Da kommt mir noch so ein Hausberg-Gedanke: Es ist nicht die Masse der Touren, die uns nährt – es ist ihre Qualität.

Wettersee Wildgrat Umhausen
Bernd Ritschel

Gastautor Bernd Ritschel

Seit frühester Jugend lebt und liebt Bernd Ritschel die Bergwelt der Ötztaler Alpen. Er wurde 1963 im oberbayerischen Wolfratshausen geboren und lebt heute mit seiner Familie in Kochel am See. Seit mehr als 25 Jahren liegt ein Schwerpunkt seiner fotografischen Arbeit im Ötztal und den angrenzenden Bergregionen.

Mehrere Bildbände über die Ötztaler Alpen, viele Kalender, Ausstellungen, Poster und Postkartenserien spiegeln die Vielfalt und Leidenschaft seiner Fotografie in dieser Region wieder.