„Niederthai ist für mich ein Ort, wo die Dinge nicht erfunden werden. Vielmehr sind die Dinge, wie sie sind. Ganz tief aus sich heraus, ganz ehrlich. Atmosphäre kann man nicht erfinden. Atmosphäre ist da. Hier hat das Schnelllebige keinen Raum. Bei uns müssen die Dinge wachsen.
Der Tauferberg hat Niederthai zu dem gemacht, was es ist: ein Hochplateau, das es in der Form nicht so häufig gibt. Wenn du bei uns ein Haus baust, dann wirst du kaum auf einen Stein stoßen. Wir haben reine Lehm- und Sandböden, wie der Untergrund eines Sees. Der Tauferberg dagegen ist ein riesiger zusammengewürfelter Steinhaufen, recht eigen und besonders. Entstanden ist er vor etwa 9.000 Jahren durch den Köfler Bergsturz, eine der größten Gesteinsbewegungen der Alpen. Er hat sich wie ein Felsriegel aufgeschoben und dahinter unsere schöne Hochebene entstehen lassen.
Als Kinder haben wir immer unsere Wege durch den Felsaufwurf gesucht. Es ist eine sehr schöne und vor allem abenteuerliche Spielwiese mit Höhlen und kalten Gruften, in denen man früher das Fleisch gelagert hat. Mit meiner Tante bin ich häufig zum Großen Stein. Er wurde zu einem speziellen Ort für mich und ist es bis heute. Ein Kraftplatz. Du kannst es nennen wie du willst, aber es gibt ein ganz spezielles Gefühl an diesen Plätzen. Wenn ich da bin, habe ich ein innerliches Wohlgefühl, das sich schwer beschreiben lässt. Da kannst du hin gehen, wenn es dir gut geht, da kannst du hingehen, wenn es dir schlecht geht. Da kannst du die Dinge annehmen wie sie sind.
Meine Tochter Eva hat vor ein paar Jahren den Großen Stein zu ihrem eigenen Lieblingsplatz auserkoren. Ganz von sich selbst aus. Anscheinend wird das Gefühl weiter übertragen. Sie ist jetzt 7 und treibt mich häufig zum Stein. Aber ich gehe auch selbst regelmäßig. Manchmal verstreichen zehn Tage, manchmal bin ich viermal in der Woche dort.
Es gibt viele besondere Plätze in Niederthai. Sie liegen gar nicht weit vom normalen Weg und doch kommt keiner hin. Da kannst du dich in die Sonne legen, die Aussicht genießen und in dich und die Natur hineinspüren. Es sind gar nicht die bekannten Sachen wie der Stuibenfall, die mich reizen. Vielmehr geh ich aus dem Haus raus und ums Eck rum und sehe keinen Menschen mehr.“